Wie teuer sind Falschalarme der Polizei? Wer hat die Kosten für diese Polizeieinsätze zu tragen? Zu diesen Fragen kursieren seit jeher zahlreiche Mythen. In Zeiten steigender Einbruchszahlen sind diese Fragestellungen jedoch aktueller denn je. Zuletzt ist öffentlich geworden, dass Falschalarme in privaten Haushalten teurer abgerechnet werden als beispielsweise in Banken oder öffentlichen Eirichtungen. Gregor Golland, Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen und zudem Mitglied im Innenausschuss hat hierzu eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt und stand 180° Sicherheit zum Interview zur Verfügung.
Anzahl der Falschalarme nimmt stetig zu
Die Antwort auf die Kleine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Gregor Golland an die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen („Wie viele Gebührenpflichtige Fehlalarme wurden von 2010 bis heute in NRW ausgelöst?“) brachte zutage, dass die Zahl der durch Einbruchmeldeanlagen (EMA) verursachten Falschalarme (im Volksmund auch Fehlalarme genannt) in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. In 2015 fielen für die Polizei NRW demnach bislang durchschnittlich 96 Falschalarme pro Tag an. Dabei werden die Betreiber der den Falschalarm auslösenden Einbruchmeldeanlage regelmäßig zur Kasse gebeten, wenn bei einem Polizeieinsatz keine konkreten Hinweise auf einen tatsächlich versuchten Einbruch gefunden werden. Stattdessen wird von der Polizei dann ein Fehler in der Einbruchmeldezentrale vermutet und dem Betreiber die Kosten des Einsatzes auferlegt.
Die Höhe der Rechnung für den Falschalarm-Einsatz variiert von Bundesland zu Bundesland, in Nordrhein-Westfalen werden jeweils 110 Euro in Rechnung gestellt. Grundsätzlich ist zu betonen, dass die Polizei den Anrufern keine Kosten auferlegt, sollte sich ein gemeldeter Verdacht nach Überprüfung durch die Polizei nicht erhärten. Regelmäßig betonen die Polizeibehörden, dass bei jedem kleinsten Verdacht (wie beispielsweise dem Entdecken von Gaunerzinken oder verdächtigen Personen) im Zweifel die Polizeibeamten zu informieren sind. Wie sehr die Polizei auf Informationen von aufmerksamen Bürgern angewiesen ist hat zuletzt auch der Kriminalitätsmonitor NRW hervorgebracht.
Was geht aus der Antwort der Landesregierung hervor?
Die Landesregierung hat Zahlen veröffentlicht, aus denen die Anzahl der Falschalarme jeweils mit und ohne Anschluss an die Polizei aufgegliedert werden. Demnach hat sich die Anzahl der Falschalarme mit Anschluss an die Polizei in NRW von 2010 (3.841 Einsätze) bis 2014 (2.681 Einsätze) rückläufig entwickelt. Für das Jahr 2015 haben die bisherigen Zahlen der Falschalarme von Einbruchmeldeanlagen mit Anbindung an die Polizei in der Hochrechnung allerdings wieder einen Anstieg zu verzeichnen. Bis August 2015 gibt die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 3814 bereits 1.998 Falschalarme an.
Noch deutlicher wird die Entwicklung der Fehlalarme bei Einbruchmeldeanlagen, die keine direkte Anbindung zur Polizei-Leitstelle haben. Dort wurden im Jahr 2010 nach den Angaben der Landesregierung NRW noch 23.021 falsche Alarmierungen gezählt. Für Januar bis August 2015 gibt die Landesregierung bereits 21.060 Falschalarme an, so dass in der Hochrechnung für das ganze Jahr von knapp 32.000 Alarmen auszugehen ist. Welchen Einfluss die Aufklärungskampagnen „Nicht bei mir“ und „K-Einbruch“ haben, wird aus den Aussagen der Landesregierung nicht deutlich. Diese Initiativen klären über Einbruchschutz und Sicherheitstechnik auf und verfolgen zudem das Ziel der gesellschaftlichen Aufklärung zum Thema Einbruchskriminalität.
Viel Geld für Falschalarme
Die kostenpflichtigen Alarme spülen der Landesregierung NRW stetig mehr Geld in die Kassen. Auf die Frage Gregor Gollands („Wie hoch sind die Einnahmen aus der Gebühr für Fehlalarme von 2010 bis heute?“) gab die Landesregierung Einblick in die Einnahmen aus den Gebühren. Durch die fälschlichen Alarme von Alarmanlagen mit Anbindung an die Leitstelle der Polizei wurden 2010 noch über 300.000 Euro eingenommen. Sicherheitstechnik, die keine Polizeianbindung hat, bescherte den nordrhein-westfälischen Behörden im Jahr 2010 durch falsche Auslösungen der Alarmmelder Einnahmen in Höhe von 2,035 Millionen Euro. Rechnet man die von der Landesregierung NRW genannten Zahlen für 2015 hoch, fallen in diesem Jahr für falsche Alarmierungen insgesamt Einnahmen in Höhe von rund 3,458 Millionen Euro an. Technische Mängel an Einbruchmeldeanlagen können für die Betreiber der Anlagen demnach eine erhebliche Kostenfalle darstellen. Gregor Golland fordert in diesem Zusammenhang eine Reduzierung der Gebührenhöhe: „Offenbar schützen immer mehr Bürger ihr Hab und Gut mit Alarmanlagen. Die Landesregierung sollte diese löbliche Absicht unterstützen, indem die Höhe der Gebühren geprüft, eventuell gesenkt oder zumindest angepasst wird“.
Warum ist eine Reduzierung der Falschalarmanzahl wichtig?
Geht eine Gefahrenmeldung einer Alarmanlage bei der Polizei ein, können die Beamten erst einmal nicht abschätzen, ob tatsächlich ein Einbruch vorliegt oder nicht. Das heißt, sie rücken aus, um das Geschehen vor Ort einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Dadurch wird das Personal gebunden und steht dann womöglich dort nicht zur Verfügung, wo tatsächlich eine Straftat stattfindet. In der Stellungnahme der Landesregierung NRW wird darauf hingewiesen, dass die Gründe für Falschalarme hauptsächlich Fehler bei der Installation sowie eine unsachgemäße Wartung der Einbruchmeldeanlagen sind. Zur Vermeidung von Falschalarmierungen sollte eine EMA daher stets von erfahrenen Errichtern installiert und gewartet werden.
Wer demnach die Kosten für einen Polizeieinsatz durch einen Falschalarm vermeiden möchte, sollte eine Aufschaltung der Einbruchmeldeanlage auf eine Notruf- und Serviceleitstelle (NSL) in Erwägung ziehen. Somit können spezialisierte Sicherheitsdienstleister einen Einbruchalarm prüfen, bevor die Polizei informiert wird. Dadurch kann ein überflüssiger Polizeieinsatz durch eine Alarmvorprüfung – z.B. mittels akustischer Alarmverifikation aus der Ferne (Fernüberwachung) oder die Überprüfung der Alarmursachen durch Einsatz eines Wachdienstes vor Ort – mithilfe von Sicherheitstechnik verhindert werden. Um die Falschalarmrate konsequent zu senken, bietet es sich an, zunächst Alarmmeldungen aufgrund von Fehlbedienungen zu vermeiden. Eine sogenannte Zwangsläufigkeit kann dabei helfen, einen Falschalarm zu vermeiden, indem eine Scharfschaltung nur im einwandfreien Zustand der Einbruchmeldeanlage möglich ist. Alarmsysteme lassen sich in dieser Hinsicht auch mit einer Zutrittskontrolle kombinieren.
Unterschiedliche Grundlage
Die Landesregierung gibt auch Auskunft darüber, warum „private Haushalte bei einem gebührenpflichtigen Fehlalarm mehr als Banken, Einzelhändler oder öffentliche Einrichtungen“ zu bezahlen haben. So ergebe sich die Verwaltungsgebühr bei Falschalarmen ohne Anschluss an die Polizei auf Grundlage der Gebührenordnung und betrage 110 Euro. Dem gegenüber stehe der Aufwendungsersatz bei Überfall und -Einbruchmeldeanlagen (ÜEA) mit Anschluss an die Polizei, der sich aus einem Konzessionsvertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der Betreiberfirma ergibt. Diese Art der Direktanbindung ist in der Regel Banken und öffentlichen Einrichtungen vorbehalten. Eine Einsatzfahrt der Polizei, die sich als Falschalarm herausstellt, wird dem Konzessionär hingegen nur mit 87 Euro berechnet.
Auf Anregung Gollands hat die Landesregierung das LKA NRW damit beauftragt, die „Praxis der Gebührenerhebung bei Fehlalarmen durch Einbruchmeldeanlagen“ vor dem Hintergrund aktueller Aufklärungskampagnen zu bewerten und bei Bedarf Anpassungsvorschläge der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung zu erarbeiten. Golland begrüßt dies: „Schließlich ist der normale Bürger üblicherweise nicht so finanzstark wie ein Geschäftsinhaber oder gar ein Geldinstitut.“
Nachtrag:
Inzwischen hat die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen beschlossen, bei privaten Hausbesitzern auf die Gebühr für Einsatzfahrten der Polizei infolge von Falschalarmen zu verzichten. Es sei kontraproduktiv, Hausbesitzer für Fehlalarme weiter zur Kasse zu bitten, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger. Durch diese Änderung wolle man die Menschen in NRW ermutigen, bei verdächtigen Vorkommnissen sofort die 110 zu wählen. Die bisher angefallene Verwaltungsgebühr für Falschalarme (in NRW 110 Euro) entfällt somit gänzlich für Privatpersonen.